VITA & WERK

Ich begrüße Sie auf meiner Homepage und möchte mich zunächst kurz vorstellen. Mein Leben wurde durch ein traumatisches Erlebnis in der frühen Kindheit überschattet und zugleich in eine bestimmte Richtung gelenkt: Wenige Tage vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist meine Mutter im Keller unseres Berliner Hauses von zwei sowjetischen Soldaten mit mehreren Schüssen langsam zu Tode gequält worden, weil sie sich gegen eine Vergewaltigung gewehrt hat. Das Verbrechen fand im Schein einer Taschenlampe statt, weil das elektrische Licht ausgefallen war. Während dieses Martyriums hielt mich meine Mutter fest umarmt. Ich war damals knapp drei Jahre alt und wurde selber durch einen Streifschuss am Kopf verletzt.


Die Einlieferung ins Waisenhaus

Die Einlieferung ins Waisenhaus

Mein Vater war kurz zuvor in Schleswig-Holstein als Sanitätsoffizier der Wehrmacht in Kriegsgefangenschaft geraten. Besonders dramatisch war das für ihn nicht, weil er sofort als Oberarzt in einem britischen Lazarett eingesetzt wurde. Derweil kam ich mit meinen beiden älteren Geschwistern in ein Berliner Waisenhaus, in dem entsetzliche Zustände herrschten. Dort wurden wir voneinander getrennt und auf verschiedene Altersgruppen verteilt. Nach sechs langen Monaten gelang es einer Krankenschwester, uns dort herauszuholen und zu unserem Vater in die britische Besatzungszone zu bringen. Damit war unsere Odyssee freilich noch nicht beendet, denn er gab uns nacheinander an verschiedene Pflegefamilien ab. 


Ich kam zu einer reichen Familie nach Brasilien. Dort wuchs ich in einem einsprachig portugiesischen Milieu auf. Während der ersten beiden Jahre bekam ich diese Familie allerdings gar nicht zu sehen, weil ich gleich nach meiner Ankunft in ein weit abgelegenes Internat gesteckt wurde. Später lebte ich aber in dieser Familie, und zwar zunächst zwei Jahre auf einer großen Farm und danach mehrere Jahre in der Stadt São Paulo. 


Eine Bambus-Allee auf unserer Farm

Eine Bambus-Allee auf unserer Farm

Eines Tages eröffneten mir meine Pflegeeltern ganz unvermittelt, dass sie sich scheiden lassen wollten, und legten mir nahe, nach Deutschland zurückzukehren. Das tat ich – mit gemischten Gefühlen, denn ich geriet auf diese Weise in die zweite Familie meines Vaters und fühlte mich dort unerwünscht. 


Seine Vorfahren stammten aus Ostpreußen und hießen Wöhlcke. Unter diesem Autorennamen habe ich später zahlreiche sozialwissenschaftlichen Publikationen verfasst. Nach dem Ende meiner beruflichen Karriere habe ich die Sozialwissenschaft ganz aufgegeben und arbeite seither ausschließlich als belletristischer Autor und bildender Künstler. Um diese Tätigkeit deutlich von meiner früheren Vita abzugrenzen, habe ich den Namen meiner Mutter angenommen. Angesichts der angedeuteten Vorgeschichte hatte das naheliegenderweise auch einen emotionalen Grund. Die deutsch-baltische Familie meiner Mutter (von Glehn) lebte bis zu ihrer Vertreibung Ende des Ersten Weltkriegs in der Nähe von Reval (heute Tallinn). Mein Urgroßvater Nikolai v. G. (1841 – 1923) war der Gründer der Stadt Nömme, und mein Großvater Manfred v. G. (1867 – 1924) war ein bekannter Dichter religiöser Lieder (z. B. Du großer Gott, wenn ich die Welt betrachte). 


Ausbildung und Beruf

Nach dem Abitur und einer zweijährigen Offiziersausbildung bei der Marine (Abgang als Leutnant zur See) habe ich Soziologie, Psychologie sowie Romanistik in Kiel, São Paulo und Erlangen studiert, mit einer Dissertation über inter-ethnische Marginalität promoviert (Universität Erlangen) und mit einer Abhandlung über die Theorie der abhängigen Entwicklung habilitiert (Freie Universität Berlin). Ich war Stipendiat der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Ursprünglich wollte ich eine Universitätslaufbahn im Bereich der Kulturwissenschaften einschlagen, aber letztlich bin ich beruflich ganz woanders gelandet, nämlich in der wissenschaftlichen Politikberatung für das Bundeskanzleramt, das Auswärtige Amt und den Deutschen Bundestag. Meine fachlichen Schwerpunkte lagen im Bereich der politischen Soziologie Lateinamerikas, der internationalen Entwicklungs- und Umweltpolitik, des globalen demographischen Wandels und der transnationalen Migration.

Ich habe ca. 50 fachliche und belletristische Bücher (u. a. bei dtv, Beck, Klett und Nomos) publiziert, von denen einige populärwissenschaftliche Sachbücher recht bekannt geworden sind. Die fachlichen Bücher lagen thematisch in der Nähe meiner beruflichen Schwerpunkte, und die belletristischen Bücher hatten meistens in irgendeiner Weise mit Humor oder Spiritualität zu tun. Daneben habe ich zahlreiche Beiträge für Sammelbände, Fachzeitschriften und Presseorgane verfasst sowie mehrere sozialwissenschaftliche Standardwerke aus dem Portugiesischen übersetzt (u. a. für den Suhrkamp-Verlag). Zwei meiner Bücher wurden ins Türkische übersetzt, ein weiteres ins Japanische. Das letztgenannte Buch ('Soziale Entropie', dtv) wurde auch für ein modernes Ballett bearbeitet und in einem Salzburger Theater aufgeführt ('Editta-Braun-Company'). Eine Liste meiner Monographien finden Sie unter der Rubrik 'Bücher'.


Papier ist ein einfaches und altbewährtes Speicher-Medium

Papier ist ein einfaches und altbewährtes Speicher-Medium


Künstlerische Arbeit

Parallel zur wissenschaftlichen und belletristischen Tätigkeit war ich immer künstlerisch aktiv. Angefangen habe ich mit Zeichnungen (Bleistift, Rötel, Feder, Tusche), Siebdrucken, Cartoons, Plakaten, Buchumschlägen und Illustrationen. Zweimal habe ich meine berufliche Laufbahn unterbrochen, um als freier Künstler zu leben. Das erste Mal – in Genua – bin ich fast verhungert. Außer einigen Karikaturen und Illustrationen habe ich nichts verkauft. Einige Jahre später habe ich es noch einmal versucht, und zwar in Hamburg. Das ging so leidlich. Ich habe mich damals auf Kinderportraits spezialisiert – notgedrungen, denn es ist mir nicht gelungen, andere Bilder zu verkaufen. Nach zwei Jahren war mir das zu langweilig, und dann bin ich - mit etwas Glück – wieder in meine akademische Laufbahn eingestiegen.

Im Laufe der Zeit habe ich mich stärker auf die gegenständliche Malerei verlegt. Im Gegensatz zum Realismus des 19. Jahrhunderts vertrete ich einen 'Neuen Realismus', bei dem es nicht um die möglichst genaue Darstellung eines konkreten Sujets geht, sondern um dessen emotionale und ästhetische Aura. Diese ist sozusagen die Seele des Gegenständlichen.


Fotografie und gegenständliche Malerei

Da meine Bilder – allerdings nur aus einer gewissen Entfernung - sehr realistisch wirken, möchte ich etwas zum Verhältnis zwischen der Fotografie und der gegenständlichen Malerei anmerken. Ich halte nichts davon, Fotos möglichst genau abzumalen. Der sogenannte Fotorealismus ist m. E. ein Irrweg, denn ein fotorealistisches Bild hat keinen erkennbaren Vorteil gegenüber der Fotografie, im Gegenteil: Es sieht aus wie ein schlechtes Plagiat und vermittelt den Eindruck, dass der betreffende Maler kein kreativer Künstler, sondern ein pedantischer Handwerker ist.

Die Fotografie kann für die gegenständliche Malerei trotzdem sehr nützlich sein. Als ich früher Kinderportraits malte, hatte ich das Problem, dass Kinder nicht lange stillsitzen, und wenn sie das tun, dann sehen sie steif und angestrengt aus. Deswegen habe ich mir immer einige Urlaubsfotos angesehen, auf denen ich das betreffende Kind frei und ausdrucksstark erleben konnte. Ein anderes Problem ist z. B. die Darstellung schneller Bewegungen, etwa eines galoppierenden Pferdes. Es ist mit dem bloßen Auge kaum zu erkennen, wie die Beine in jedem Moment zueinanderstehen, und da ist es schon sehr hilfreich, wenn man sich diesbezüglich mit einigen guten Fotos vergewissern kann. Manchmal ist es auch so, dass der betreffende Künstler das betreffende Motiv gar nicht selber sehen kann, wie z. B. einen Schiffsuntergang, einen Vulkanausbruch oder historische Familienszenen. In solchen Fällen lasse ich mich gerne von fotografischen Vorlagen anregen.

Aber wie gesagt: Abmalen bringt nichts. Die Fotografie ist etwas ganz Anderes als die gegenständliche Malerei. Für die Malerei kann die Fotografie nur ein Hilfsmittel sein – mehr nicht. Letztlich geht es darum, ein bestimmtes Sujet von einem Medium in ein anderes Medium zu übertragen - etwa so, wie wenn ein Gedicht vertont oder ein Roman verfilmt wird. 


Der Labrador meines Neffen im Stil des 'Neuen Realismus'

Der Labrador meines Neffen im Stil des 'Neuen Realismus'

Der Höhepunkt der realistischen Malerei im 19. Jahrhundert fiel ironischerweise und ganz zufällig mit der Erfindung der Fotografie zusammen. Die realistische Malerei war damit plötzlich am Ende, weil die Fotografie weitaus genauer und realistischer war. Die Impressionisten haben erkannt, dass es trotzdem noch Sinn machte, gegenständlich zu malen. Allerdings musste man nicht mehr ganz so realistisch sein, und dabei fiel als positiver Nebeneffekt auf, dass diese neue Art der Malerei eine besondere ästhetische und emotionale Qualität hatte, und zwar viel stärker als die realistische Malerei und auch viel stärker als die Fotografie.

Es sind Fotos erhalten geblieben, die einige Impressionisten als Vorlage für ihre Bilder benutzt haben. Das bekannteste Beispiel ist Paul Gaugin, der mehrmals fotografische Postkarten benutzt hat. Wenn man solche Fotos und die durch sie inspirierten Gemälde nebeneinander betrachtet, dann erkennt man sofort die geniale Transformation der fotografischen Motive in ein anderes Medium. Außer dem Motiv haben diese Bilder nichts mit den entsprechenden Fotos gemein, und ihre Wirkung auf den Betrachter ist völlig anders.


Spiritualität und gegenständliche Malerei

Wir sehen sozusagen nur die Haut des Gegenständlichen, das heißt, wir sehen Formen und Farben von Oberflächen, aber wir sehen weder das Innere des betreffenden Objekts noch Temperatur, Gewicht, Materialeigenschaften, Magnetismus, Elektrizität, Funktion usw. Und zu allen diesen unsichtbaren Eigenschaften gehört auch eine bestimmte ästhetische und emotionale Qualität, die ich wie eine Aura empfinde. Man kann sie zwar nicht sehen, aber gefühlmäßig erleben. Sie ist es, die mich in erster Linie interessiert. Meine Motive finde ich in der belebten und in der unbelebten Natur. Sie sind nicht spektakulär. Ich beschäftige mich sozusagen mit den kleinen Wundern des Alltäglichen. Dabei geht es mir nicht – wie bereits erwähnt - um eine möglichst detailgenaue Darstellung, sondern um die besagte Aura, die naheliegenderweise mit Spiritualität zu tun hat.

Es gibt unterschiedliche Definitionen für Spiritualität, doch je genauer sie sind, umso weniger erscheinen sie dem Sujet angemessen, denn der metaphysische Bereich ist eine ganz eigene Welt mit vielerlei Unschärfen, Ambivalenzen, Symbolen und Geheimnissen, die sich dem intellektuellen Be-Griff bzw. Zu-Griff weitgehend entziehen. Ich verstehe unter Spiritualität ganz allgemein das Erleben einer transzendenten (wörtl.: überschreitenden) Wirklichkeit, das heißt, einer großen geistigen Welt, die in unserer materiellen Welt symbolhaft aufscheint und gespürt bzw. geahnt werden kann, dem rationalen Denken und der wissenschaftlichen Analyse jedoch verschlossen bleibt. Bei vielen Menschen ist Spiritualität mit einem speziellen religiösen Bekenntnis verknüpft, doch das ist nicht zwingend. Ich male bevorzugt Naturmotive und versuche dabei, die spirituelle Dimension anzudeuten, soweit das mit den Mitteln der Malerei möglich ist und soweit mein begrenztes künstlerisches Talent dafür ausreicht.

Naturspiritualität hat eine lange kulturelle Tradition, die bis zu den sogenannten Naturvölkern der Steinzeit zurückreicht. Demnach ist alles beseelt. Der große Geist (auch anders genannt und häufig in mehrfacher Gestalt) ver-körpert sich demnach sowohl in der belebten wie in der unbelebten Natur. Alles, was physisch existiert, ist durch eine mystische Verwandtschaft miteinander verbunden, und so gehören auch die Menschen zu den Emanationen des großen Geistes. Im indischen Yoga wird eine schöne Vorstellung überliefert, die sinngemäß folgendermaßen lautet: Der ewige und allumfassende Geist schläft in den Steinen, atmet in den Pflanzen, träumt in den Tieren und erwacht in den Menschen.


Wer Gott in der Natur sucht, sollte auf Überraschungen gefasst sein

Wer Gott in der Natur sucht, sollte auf Überraschungen gefasst sein

Das Naturerlebnis bietet in der Tat einen guten Zugang zu Spiritualität. Bei diesem Thema darf man freilich nicht naiv sein, denn zur Natur gehört auch Mancherlei, das mit der gängigen Vorstellung von Spiritualität schwer in Einklang zu bringen ist, zum Beispiel Vulkanausbrüche, Erdrutsche, Wirbelstürme, Tsunamis, Überschwemmungen, Waldbrände, Dürrekatastrophen, düstere Gegenden, giftige und gefährliche Lebewesen, Krankheitserreger aller Art und ganz besonders der brutale Überlebenskampf im Tierreich.

Es gibt unterschiedliche theologische Vorstellungen darüber, wie dies alles mit dem Bild eines liebenden und gütigen Gottes zu vereinbaren ist, doch das muss nicht Jedermann überzeugen. Auch die Vorstellung einer dunklen Naturspiritualität wirft Fragen auf, die schwer zu beantworten sind. Das alles spielt hier freilich keine Rolle, denn Naturspiritualität konzentriert sich üblicherweise auf jene Aspekte der Natur, die in emotionaler wie ästhetischer Hinsicht positiv besetzt sind und letztlich auf das hinzielen, was wir mit dem Paradies assoziieren, also mit Schönheit, Vielfalt, Poesie, heilsamen Schwingungen, Frieden, der Verbundenheit des Menschen mit der Schöpfung und Ähnlichem.

Wenn wir uns den positiven Seiten der Natur innerlich öffnen, erleben wir sie als etwas Heiliges und als einen Raum der In-Spiration, denn sie wirkt tatsächlich beseelt, und ihre besondere Aura berührt uns. Das kann nicht verwundern, weil wir ja selber aus der Natur stammen und jahrtausendelang naturnah gelebt haben. Wir sind durch die Evolution dafür geschaffen, die meiste Zeit in der Natur zu verbringen, aber das tun wir nicht mehr. Deshalb spüren wir instinktiv, dass unserem Leben eine wichtige Dimension fehlt. Ersatzweise bringen wir kleine Teile der Natur in unser künstliches Habitat, und zwar nicht nur Haustiere und Zimmerpflanzen, sondern auch naturnahe Kunst. Dies alles ist freilich nur ein behelfsmäßiges Surrogat, das ein echtes Naturerlebnis nicht ersetzen kann.

Letzteres wirkt sich positiv auf unsere körperlichen, mentalen und spirituellen Befindlichkeiten aus. Es fördert Ruhe, Entspannung, Loslassen, Frieden und eine positive, meditative Stimmung. Wir fühlen uns als Teil einer anderen, großen, wunderbaren sowie geheimnisvollen Welt und empfinden eine eigenartige Selbstverständlichkeit in Bezug auf das Werden und Vergehen, das auch unser eigenes Leben betrifft. Im Erlebnis der Natur bekommen wir Kontakt zu den unbewussten Schichten unserer Psyche, die dem normalen Tagesbewusstsein kaum zugänglich sind. Wir spüren sozusagen unsere Seele bzw. unser 'Höheres Selbst' und haben manchmal das Gefühl, als würden wir von einem sanften, spirituellen Hauch berührt.


 Realismus, Abstraktion und die bildliche Wiedergabe des Unsichtbaren

Die Wiedergabe von Naturspiritualität ist nur im Rahmen der gegenständlichen Kunst möglich, denn die jeweilige emotionale und ästhetische Anmutung schwebt nicht frei durch den Raum, sondern umgibt die Natur wie eine feinstoffliche Hülle. Man kann Naturspiritualität also nicht ohne die Darstellung der Natur wiedergeben. Mit abstrakter Malerei lässt sich Naturspiritualität demnach nicht darstellen, was in gewisser Weise paradox erscheint, da Spiritualität ja selber abstrakt ist. Die bloße Abbildung der Natur genügt freilich nicht, denn das Entscheidende liegt jenseits der sichtbaren Darstellung. Das wiedergegebene natürliche Motiv muss also eine unsichtbare Zugabe bekommen.

 

Wir sind umgeben von vielen kleinen Wundern

Wir sind umgeben von vielen kleinen Wundern

Der Künstler gibt dem dargestellten Objekt auf diese Weise eine unausgesprochene Interpretation, die der Betrachter möglicherweise nachvollziehen kann, aber nicht unbedingt muss, denn die Kunst ist ein großes, luftiges Reich der Freiheit, das aus Kreativität, Fantasie, geheimnisvollen Bedeutungen, Assoziationen, Emotionen und Ambivalenzen besteht. Gleichwohl braucht auch dieses große, luftige Reich der Freiheit einen gewissen Ordnungsrahmen mit nachvollziehbaren Qualitätskriterien. Das hat Wassily Kandinsky meines Erachtens unterschätzt, als er die Kunst vom Gegenständlichen befreit hat.

Ich finde den kunsthistorischen Umbruch zu Beginn des 20. Jahrhunderts zwar interessant, aber er entspricht nicht meinem persönlichen Kunstgeschmack, und zwar weder als Kunstbetrachter noch als Maler. Ich habe nämlich nicht viel Sinn für die Demontage des Gegenständlichen und schon gar nicht für dessen völlige Überwindung. Deswegen schätze ich die meisten Werke der bildenden Kunst, die auf jenen Umbruch folgten, nicht besonders. Ich habe also ein ziemlich traditionelles Kunstverständnis und meine, dass nach dem Spätimpressionismus in der Malerei kaum noch etwas Gleichwertiges entstanden ist. Ähnliches lässt sich über den Jugendstil sagen, eine vielfältige ornamentale Gebrauchskunst, in der technische Raffinesse, Schönheit, Eleganz und Naturspiritualität eine gelungene Symbiose eingegangen sind. Der Erste Weltkrieg führte zum plötzlichen Ende dieser sogenannten Belle Époque, und seither leben wir in einer spirituell armen Zeit.

Meine Bilder sind zwar gegenständlich und wirken aus einigen Metern Abstand sehr realistisch, das tun sie jedoch nicht, wenn man sie aus der Nähe betrachtet, denn ich abstrahiere im Detail, indem ich die Oberflächen durch eine Mischung aus groben und feinen Pinselstrichen unterschiedlicher Farbe zusammensetze. Die Bilder bekommen dadurch Leben und Spannung. In dieser Hinsicht erinnern sie an den Impressionismus, aber sie sind viel strenger im formalen Aufbau - ähnlich wie im Realismus. Mit dieser ambivalenten Technik versuche ich, die geheimnisvolle Symbiose zwischen dem Abstrakten und dem Konkreten bildlich wiederzugeben.

Würde man sich als gegenständlicher Maler damit begnügen, die sichtbare Wirklichkeit lediglich abzubilden, dann sollte man sich diese Mühe besser ersparen, denn das kann die Fotografie viel besser. Ein derartiges, von der Natur ab-gemaltes Bild könnte zwar einen gewissen künstlerischen Wert aufgrund von technischer Virtuosität bekommen, aber ansonsten wäre es 'flach', das heißt, es hätte keine seelische Tiefe. In der guten gegenständlichen Malerei geht es also um etwas anderes: Sie sensibilisiert unsere Wahrnehmung, unser Weltbild und uns selber durch ein zartes Gefühl, einen Zauber, einen spirituellen Hauch, einen inneren Klang, einen symbolischen Gehalt oder irgendetwas anderes, das über die bloße Abbildung hinausgeht.  

Als gegenständlicher Maler hat man natürlich das Problem, dass die betreffende Aura unsichtbar ist. Man kann sie also nicht abbilden, aber man kann sie trotzdem einfangen und sogar verstärken. Dies lässt sich jedoch nicht erzwingen, sondern ergibt sich während des Malens aus vielen scheinbaren Zufällen, die in ihrem Zusammenwirken manchmal wie sinnvolle Fügungen erscheinen. Dann ist jene Aura plötzlich auf dem Bild, und man weiß hinterher gar nicht, wie man das gemacht hat. Man kann diesen Prozess auch nicht beliebig wiederholen. Ich erlebe das wie ein unerwartetes Geschenk. Andere Bilder mögen technisch noch so gut sein, trotzdem geben sie jenes besondere Flair nicht wieder und bleiben nichts-sagend.

Als Paul Cézanne einmal gefragt wurde, warum er immer wieder dieselben kargen französischen Landschaften malt, hat er geantwortet: Ich male keine Landschaften, sondern Stimmungen. Das ist ganz in meinem Sinne, denn auch meine Bilder haben in erster Linie eine immaterielle Aussage und benötigen dafür einen materiellen Träger, nämlich das jeweils gewählte konkrete Sujet. Wenn ich z. B. einen Käfer male, dann will ich nicht ein biologisches Lehrbuch illustrieren, sondern ich wähle dieses Motiv als Träger für eine bestimmte ästhetische und emotionale Anmutung. Der Betrachter kann dies in der Regel ganz gut nachvollziehen, weil er selber an der Entstehung des Bildes beteiligt ist. Er ist es ja, der die impressionistische Malweise zu einem realistischen Gesamteindruck zusammenfügt und auf diese Weise das Feinstoffliche mit der festen Form verbindet. 


P.S.

  • Nach meinem Studium habe ich 10 Jahre in Hamburg und 20 Jahre in Oberbayern gelebt. Aufgrund einer Reihe glücklicher Zufälle habe ich meine spätere Frau Regina während eines Urlaubs in Griechenland kennengelernt. Seit 2001 wohnen wir in ihrem Elternhaus in Hinterschmiding, und zwar direkt an einem mittelalterlichen Säumer-Weg mit dem schönen Namen Goldener Steig.
  • Ich bin im Vorstand der kunstnahen Stiftung Wolfstein (Freyung) und Mitglied im Kunstverein Passau sowie in der Künstlergruppe WOYD. Außerdem war ich lange Mitglied im Berufsverband Bildender Künstler (BBK) und im Kunstverein Wolfstein. Seit 2021 betreibe ich in Hinterschmiding eine eigene Kunstgalerie ('ARS NOVA').
  • Und schließlich: Im Kapitel 'Bilder' finden Sie eine Auswahl von Gemälden, die durch Anklicken vergrößert werden können. Bei den Originalen handelt es sich überwiegend um Werke in Öl oder Kunstharz auf Leinwand, in den Formaten 80/100 bzw. 100/120. 

 

Eine neue Heimat in Hinterschmiding (Wir wohnen im ersten Gebäude links)

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